Insolvenzverfahren

Wenn die Schulden so hoch sind, dass sie in den nächsten drei Jahren nicht zu begleichen sind, kann evtl. ein Verbraucherinsolvenzverfahren Abhilfe schaffen.

Wie geht das?

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist ein vierstufiges Verfahren.

  1.  Außergerichtlicher Vergleich

Der Schuldner macht seinen Gläubigern ein Zahlungsangebot, das sich nach seinen finanziellen Verhältnissen richtet. Eventuell kann er sich auch von dritten Personen Geld dafür leihen. Vergleich heißt, jede Seite kommt sich entgegen. Der Schuldner zahlt einen Teil der Schulden – in einem Betrag oder in Raten – und die Gläubiger verzichten auf den Rest ihrer Forderungen. Wenn die Gläubiger das Angebot akzeptieren, wird der Vergleich abgewickelt und ein Insolvenzverfahren ist damit überflüssig. Der außergerichtliche Vergleich ist vom Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben. Auch dann, wenn man gar nichts anzubieten hat.

  1. Gerichtlicher Vergleich (Schuldenbereinigungsplan)

Wenn der außergerichtliche Vergleich nicht angenommen wird, weil das Angebot den Gläubigern nicht ausreichte, bekommt man von seiner Schuldnerberatungsstelle (oder auch vom Rechtsanwalt) eine Bescheinigung über das Scheitern des Vergleiches ausgestellt. Dann kann man beim zuständigen Insolvenzgericht (hier: Amtsgericht Offenbach a.M.) einen Insolvenzantrag stellen. Dabei sollte man sich unbedingt von der Schuldnerberatungsstelle (oder Rechtsanwalt) helfen lassen. Dem Antrag ist ein weiterer Vergleichsvorschlag beigefügt. Der Insolvenzrichter entscheidet dann, ob dieser Vorschlag Aussicht auf Erfolg hat. Sollte es sein, dass nur eine Minderheit (nach Gläubigern und Schuldsummen) außergerichtlich abgelehnt hat, kann der Richter nun die Zustimmung dieser Minderheit „zwangsweise“ ersetzen. Auch in diesem Fall wird der Vergleich abgewickelt und es kommt nicht zur Verfahrenseröffnung.

  1. Gerichtliches Insolvenzverfahren

Wenn der gerichtliche Vergleich gescheitert ist oder von vorne herein aussichtslos war, wird der Richter das Verfahren eröffnen und im Internet bekannt machen. Ab Eröffnung des Verfahrens besteht die Verpflichtung, sich um Arbeit zu bemühen, wenn man arbeitslos und arbeitsfähig ist. Die Erwerbsobliegenheiten entfallen bei Krankheit, Rentenalter, und Versorgung von kleinen Kindern. Mit der Eröffnung des Verfahrens beginnt auch zeitgleich die letzte Stufe, die Wohlverhaltensperiode oder auch Abtretungsphase genannt. Weiterhin wird ein Insolvenzverwalter (i.d.R. Rechtsanwalt) eingesetzt, der bestimmte Aufgaben zu erledigen hat. Er zieht z.B. das pfändbare Einkommen und Vermögen des Schuldners (so vorhanden) ein. Er erfasst die Gläubiger und Schulden und prüft die Forderungen.

Wichtig: Die Bewerbungsbemühungen müssen dokumentiert sein. Das heißt notieren, wo und wann und als was man sich beworben hat und mit welchem Ergebnis. Übersicht Bewerbungen. Wer sich schriftlich bewirbt sollte sich Kopien machen und die Antworten der möglichen Arbeitgeber aufbewahren. Zeitungsanzeigen oder Ausdrucke vom Jobcenter oder Arbeitsagentur sind aufzubewahren. Bewerbungen per E-Mail sind aufzubewahren. Auf Verlangen des Insolvenzgerichtes und Insolvenzverwalters muss man die Nachweise konkret auf den Tisch legen können. Hat man sich nicht ausreichend beworben oder die Bewerbungen nicht dokumentiert, kann die Stundung der Verfahrenskosten zurückgenommen und damit die Restschuldbefreiung versagt werden. In der Folge leben alle Forderungen wieder auf und man kann erst in 3 Jahren wieder einen neuen Antrag stellen.

  1. Wohlverhaltensperiode oder Restschuldbefreiungsphase

Wenn der Insolvenzverwalter alles erledigt hat, wird das gerichtliche Insolvenzverfahren aufgehoben und man ist in der restlichen Wohlverhaltensperiode. In dieser Phase hat man bestimmte Regeln einzuhalten, die von einem Treuhänder (i.d.R. der vorige Insolvenzverwalter) überwacht werden: z.B. sich um Arbeit zu bemühen, wenn man arbeitslos ist, jeden Wechsel des Wohnsitzes oder Arbeitgebers mitzuteilen, ein Erbe zur Hälfte an den Treuhänder rausgeben etc. Das pfändbare Einkommen wird weiterhin vom Treuhänder eingezogen. Nach Ablauf von 3 Jahren der Wohlverhaltensperiode werden die restlichen Schulden erlassen, wenn man sich an alle Regeln gehalten hat. Aber: Geldstrafen, Bußgelder und Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen (Straftaten, z.B. Steuerhinterziehung) werden nicht erlassen!

  1. Dauer der Wohlverhaltensperiode

Diese wurde verkürzt auf nunmehr 3 Jahre. Nach ordnungsgemäßer Beendigung der letzten Verfahrensstufe, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung per Gerichtsbeschluss. Diesen gut aufbewahren, weil die Schulden damit nicht verschwunden sind. Aber sie müssen nicht mehr gezahlt werden. Die Gläubiger dürfen auch wegen dieser Forderungen keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen mehr ergreifen.

Verfahrenskosten

Sie setzen sich aus Kosten des Insolvenzgerichtes und den Gebühren des Insolvenzverwalters und Treuhänders zusammen. Die tatsächlichen Kosten werden durch die Gerichtskasse berechnet.

5. Stundung der Verfahrenskosten

Wenn man das Geld für die Kosten nicht aufbringen kann, kann man einen Stundungsantrag stellen. Das Insolvenzgericht stundet dann die Kosten für die einzelnen Verfahrensabschnitte. Sollte pfändbares Einkommen an den Treuhänder geflossen sein, werden die Verfahrenskosten damit verrechnet. Sollte dann noch ein Rest sein, kann man Raten vereinbaren oder einen weiteren Stundungsantrag stellen. Die Verfahrenskosten können maximal noch vier Jahre nach erteilter Restschuldbefreiung gefordert werden. Danach nicht mehr.

Was kann man schon im Vorfeld der Insolvenzberatung tun?

Wenn man alle Gläubiger kennt und seine Unterlagen sortiert hat, kann man die Gläubiger anschreiben und eine aktuelle Forderungsaufstellung anfordern.

Weiterhin kann man eine Gläubiger- und Forderungsübersicht erstellen.

(Broschüre des BMJV) Restschuldbefreiung – eine Chance für redliche Schuldner
Ein Überblick über das Verbraucherinsolvenzverfahren und die Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung (Stand April 2021)